Das Donut-Prinzip: So erweiterst du deinen Ring der Freiheit

Kein amerikanischer Film mit Polizisten kommt ohne sie aus: Donuts. Von „Die nackte Kanone“ über „Lethal Weapon“ bis zu den „Simpsons“: Polizisten, so das Klischee, lieben den Krapfen aus Hefe- oder Rührteig mit dem charakteristischen Loch in der Mitte.

Den wohl berühmtesten Donut-Stand der Welt kennt man aus Filmen wie „Atemlos“, „Auf der Suche nach dem goldenen Kind“, „Mars Attacks!“, „Iron Man 2“ oder auch „Volcano“: Randy’s Donuts im kalifornischen Inglewood mit dem riesigen Donut auf dem Dach.

Von einem ganz besonderen Donut, der viel weniger Kalorien hat, möchte ich dir heute erzählen: vom Donut rebellischer E-N-T-S-C-H-I-E-D-E-N-H-E-I-T.

Das Donut-Prinzip

Ob im Privatleben oder in der Arbeitswelt – oft hört man den immergleichen Song des Ich-würde-ja-total-gern-ABER-Chors – und wenn man nicht aufpasst, gibt er den Ton an und nicht man selbst.

Ich würde ja total gerne, A-B-E-R die Branche ist so reglementiert …
Ich würde ja total gerne, A-B-E-R das Unternehmen ist so konservativ …
Ich würde ja total gerne, A-B-E-R die Kunden sind so unwillig …
Ich würde ja total gerne, A-B-E-R die firmeninternen Regeln … der Kontrolletti von einem Chef, der keinen Freiraum lässt … die eingeschränkte Autonomie … die Prozesse, von denen ich nicht abweichen darf …

Um diesem Chor etwas entgegenzusetzen, stelle ich in meinen Vorträgen oft das Donut-Prinzip vor.

Die Idee des Donut-Prinzips stammt von dem irischen Wirtschaftsphilosophen und Schriftsteller Charles Handy, die ich auf meine Weise abgewandelt habe, um dich zum Nachdenken über deinen eigenen Donut anzustiften.

Des Donuts Kern

Das Herzstück des Donuts sind die Kernaufgaben: Das, was in dieser Funktion oder in dieser Rolle oder in diesem Job zu tun ist. In der Arbeitswelt sind das die zu erledigenden Aufgaben, die sogenannten „Dienstpflichten“. Vielleicht sind sie irgendwo schriftlich fixiert, zum Beispiel in einer Stellenbeschreibung, vielleicht sind sie aber auch nirgendwo explizit beschrieben: Wir kennen sie alle.

Diese Pflichten sind nicht verhandelbar. Sie sind einfach zu erfüllen. Ob man das mag oder nicht, spielt keine Rolle.

Und diese Pflichten haben wir alle. Egal ob Praktikant im Donut-Shop, Kassiererin im Supermarkt, Lohnbuchhalter im Konzern, Vorständin oder Bundeskanzler. Man kann diesen Kern mögen oder nicht. Egal. Der Job muss erledigt werden. Punkt.

Genau auf diesen Donut-Kern konzentriert sich der Ich-würde-ja-total-gern-ABER-Chor. Der eingebaute Denkfehler, der zu einer Verarmung unserer Lebens- und Arbeitsfreude führt, besteht darin, den Donut-Kern mit dem großen Ganzen gleichzusetzen.

Aber der Kern ist nicht der ganze Donut, sonst wären unser Leben und unsere Arbeit nichts als lästige Pflichterfüllung. Zum Glück ist das nicht so. Denn um den Kern herum gibt es noch etwas ganz Wichtiges:

Der Ring der Freiheit

Natürlich ist dieser Ring der Freiheit für verschiedene Personen in verschiedenen Positionen unterschiedlich groß. Der Gestaltungsspielraum ist bei einem Vorstand in der Regel größer als bei einem Abteilungsleiter, dessen Gestaltungsspielraum wiederum größer ist als der eines Sachbearbeiters, der wiederum größer ist als der eines Werkstudenten.

Und natürlich kann der Gestaltungsspielraum in Form des Rings der Freiheit in einem Start-up größer sein als in einem Konzern. Und vermutlich ist er auch in einer weniger regulierten Branche größer als in einer mega-regulierten. ABER: Fakt ist: Dieser Ring ist immer da. Jeder und jede von uns hat diesen Ring der Freiheit.

Das Entscheidende ist, auf diesen Ring der Freiheit zu achten und ihn zu nutzen, anstatt darüber zu jammern, wie wenig man im Kern gestalten kann und wie sehr einem die Hände gebunden sind.

Nicht mein Job

Und natürlich gibt es noch einen Raum um den Ring herum: die Peripherie. Das sind all die Dinge, die weder Kern noch Ring sind – und die außerhalb des Bereichs liegen, in dem man etwas bewirken kann.

Die Peripherie beschreibt Aspekte, die weder zu den Kernfunktionen gehören, noch deine persönlichen Ziele oder die Ziele deiner Organisation unterstützen. Sie betreffen weder die Pflichten des Kerns noch deinen Handlungsspielraum jenseits dieser nicht verhandelbaren Zwänge und Pflichten. Du kannst diese Aspekte mögen oder dumm finden, aber letztendlich musst du sie so akzeptieren, wie sie sind.

Ja, der Werkstudent mag die Strategie des Unternehmens blöd finden, aber hey: nicht sein Business. Ja, der Vorstand mag die Nominierung von Donald Trump zum Präsidentschaftskandidaten für eine krasse Fehlentscheidung halten, aber hey: nicht sein Business.

Ich möchte dich anstiften, alle drei Bereiche im Auge zu behalten und deine eigene Mischung aus Kern, Ring und Peripherie zu finden.

 

Werde zum Donut-Experten!

Es lohnt sich, über den eigenen Donut nachzudenken – oder ihn sogar einmal aufzuschreiben. Fast alles, was unser Leben und unsere Arbeit bestimmt, lässt sich in diesem Bild zusammenfassen.

Wir können unserem Leben und unserer Arbeit eine andere Melodie als Leitmotiv geben und müssen nicht in den Ich-würde-ja-total-gern-ABER-Chor einstimmen.

Es geht vielmehr darum, zu erkennen, was wir hinnehmen müssen – und wo wir unsere produktiven Kräfte in Gestaltung und Veränderung investieren sollten. Und dann geht es darum, das zu tun, was getan werden muss, und gleichzeitig die Freiheit zu haben, das zu tun, was wir tun wollen.

Warum das so wichtig ist, zeigt ein kurzer Blick in die Arbeitswelt: Führung und Zusammenarbeit gehen immer dann schief, wenn der Donut-Kern entweder zu groß oder zu klein ist.

Wenn die Verhältnismäßigkeit nicht passt

Ein zu großer Donut-Kern: Durch die Überbetonung von Kernaufgaben und Regeln schüren Organisationen Misstrauen und Kontrollwahn. Sie fördern Dienst nach Vorschrift und reduzieren Initiative, Kreativität und Leidenschaft. Arbeit frustriert, sie ist nur ein Job. Abarbeiten, abhaken, Feierabend.

Ein zu kleiner Donut-Kern: Sieht gut aus, ist es aber nicht. Ein großer Kern nimmt uns die Eigenständigkeit. Ist der Kern dagegen kaum vorhanden, fehlt es an Halt und Orientierung. Den Menschen in einer solchen Organisation fehlt eine klare gemeinsame Ausrichtung, ein Fokus für das eigene Handeln, verbindliche Ziele und eine übergeordnete Strategie. Stattdessen ist alles wischiwaschi und nach eigenem Gutdünken interpretierbar, weil eben nicht klar ist, welche Pflichten und Regeln überhaupt existieren.

 

Der Donut erinnert uns an unsere Pflichten und gleichzeitig an unsere größere Verantwortung. Wir erkennen, wo wir mit unserem Engagement Spuren hinterlassen können und wo unser Engagement keinen Unterschied macht.

Also skizziere deinen Donut der ausgewogenen Produktivität und rebellischen Entschlossenheit, zum Beispiel so…

  1. Zeichne deinen Donut! Nimm ein Blatt Papier und skizziere deinen persönlichen Donut. Markiere den Kern, den Ring der Freiheit und die Peripherie. Wo siehst du Verbesserungspotenzial? In welchen Bereichen kannst du aktiv werden, um deinen Ring der Freiheit zu vergrößern?
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  2. Gestalte deinen Alltag aktiv! Warte nicht, bis sich die Umstände ändern. Ergreife die Initiative und nutze deinen Ring der Freiheit, um jeden Tag ein bisschen mehr Freude und Erfüllung in deine Arbeit und dein Leben zu bringen.
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  3. Werde zum Donut-Experten! Teile deine Gedanken und Erfahrungen mit dem Donut-Prinzip. Inspiriere deine Kollegen, Freunde und Familie, ihren eigenen Donut zu hinterfragen und ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Es liegt an dir, den Ich-würde-ja-total-gern-ABER-Chor zu übertönen und dein Leben aktiv zu gestalten.

Dein Donut wartet auf dich – und mit ihm die Chance, jeden Tag etwas zu bewirken!

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