Ein Schatten fällt auf sie. Dann beginnt es. Ein Schmatzen und schweineartiges Grunzen. Und schon purzeln sie durcheinander. Ergießen sich über die Tischplatte. Einige purzeln über die Kante, fallen auf den Boden. Die orangen, gelben, weißen und auch die grünen Gummibärchen. Begleitet von diesem Grunzen des Schattens, das in etwas übergeht, das entfernt an ein heiseres Lachen erinnert.
Meine Freundin Angela hatte für sich und ihre Kollegen immer eine Schale mit Gummibärchen auf ihrem Schreibtisch stehen. Eines Tages entdeckte ihr Vorgesetzter diese Schale – und es kam zu der oben beschriebenen Szene. Er baute sich neben Angela auf, schnappte sich die Schale und kippte sie mit voller Absicht um – und gab den Ekel-Chef in Reinkultur. Es war übrigens nicht das einzige Mal, dass er sich für diese Grusel-Hitparade-der-Vorgesetzten-aus-der-Hölle-des-Arbeitslebens empfahl.
Wen kennt ihr aus diesen Schlimmer-Chef-Charts? Beleidigende Vorgesetzte ohne Respekt? Entscheider, die sich als Mikromanager und Kontrollfreaks gebärden? Führungskräfte, die den Arbeitsplatz zur Kampfzone machen? Charaktere, die nach unten treten und nach oben buckeln, die sexistisch, rassistisch, homophob oder anstandsverachtend das Arbeitsleben zur Hölle machen?
Angela hat ein wirklich krasses Exemplar eines toxischen Chefs erwischt. Die Gummibärchen-Situation war nur eine von vielen unangenehmen Momenten. Aber ich glaube, jeder von uns ist schon mal an so einen Charakter geraten.
Bloß, was machen wir nur am besten mit solchen Chefs?
Zur Hölle mit solchen Chefs …
Angela notierte sich solche und ähnliche Vorfälle. Sie sprach mehrmals mit dem Chef ihres Chefs über die Beleidigungen, die „Witze“, das Gummibärchen-Massaker, bat ihn, sich darum zu kümmern. Abhilfe zu schaffen. Aber nichts geschah. Die Zeit verging. Ihr direkter Vorgesetzter kletterte in den Toxic Charts weiter nach oben. Was also tun?
Im Handbuch für den Umgang mit toxischen Chefs finden sich meist drei Empfehlungen:
Erstens: Geht in den Dialog! Das ist grundsätzlich immer gut. Ich bin ein Fan des Dialogs. Aber wenn man an jemanden geraten ist, der einen absichtlich so schlecht behandelt, dem man egal ist, dem das vielleicht sogar Spaß macht – dann wird das mit dem Dialog nicht funktionieren.
Zweitens – und das ist der Weg, den Angela gegangen ist: Den toxischen Chef der Personalabteilung melden oder mit dem Chef des Chefs eskalieren. Auch das ist grundsätzlich gut, aber die Gefahr ist groß, dass man vielleicht eine Schlacht gewinnt, aber den Krieg verliert. Denn solche Schritte werden von den toxischen Chefs als Frontalangriff aufgefasst.
Und drittens … duckt euch und vermeidet Konfrontationen. Achtet auf den Schatten und versteckt die Gummibärchen, sobald euer Chef sich nähert. Das mag funktionieren, wenn euer Chef auf dem Absprung ist und ihr einfach ein wenig in Deckung bleibt: ABER: Was ist mit eurem Selbstwertgefühl, wenn ihr euch so klein macht?
Und deshalb sehe ich diese drei typischen Ratschläge kritisch und empfehle etwas anderes. Und zwar: Macht euch nicht klein, petzt nicht, schickt auch nicht den Chef zur Hölle, sondern beherzigt folgende zwei Taktiken …
Der Weg der Rebels at Work …
Taktik 1: Der Weg der Rebels at Work beginnt bei sich selbst
Klar, es ihm (oder auch ihr) heimzuzahlen, kann sich zunächst einmal super anfühlen. Go to hell … Aber wie sagte schon Nietzsche: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ Diese Negativität führt zu nichts. Im Gegenteil, sie wird euch auffressen und es schwieriger machen, eure Ziele zu erreichen.
Besser ist es, euch auf euch selbst zu konzentrieren: Wie so oft im Leben, liegt der erste Schritt bei euch selbst.
Wählt bewusst eure Einstellung zu eurem Chef. Definiert für euch selbst die Beziehung, in der ihr euch zu ihm seht. Konzentriert euch auf eure eigene Leistung, die eigene Karriere, die Arbeit, die ihr macht.
Bleibt dabei positiv und bewahrt euer Selbstwertgefühl. Sucht euch Gleichgesinnte und Verbündete und baut euer Netzwerk weiter aus. Versucht, eure Sichtbarkeit in der Organisation zu erhöhen, als jemand, der seine Arbeit mit Engagement macht, egal wie widrig die Umstände erscheinen.
Je mehr Leute mit eurer Leistung vertraut sind, desto wahrscheinlicher ist es, dass ihr Verbündete auf höheren Ebenen findet. Und das Beste daran ist, dass diese Beziehungen euch auch bei späteren Karriereschritten innerhalb der Organisation helfen können.
Das ist auch der Grund, weshalb ihr euch nicht an Klatsch und Tratsch beteiligen oder euren Chef schlecht aussehen lassen solltet. Das erfordert Selbststärke, zahlt sich aber aus.
Taktik 2: Rebels at Work wachsen an der Zusammenarbeit mit schwierigen Menschen
Klar, am liebsten würdet ihr einen solchen toxischen Chef per Fingerschnipp verschwinden lassen. Aber weil das nicht klappt, nutzt so einen Konterpart lieber für eure Entwicklung. Seht in einem solchen Charakter eine Herausforderung, so eine Art toxischer-Chef-Persönlichkeitsmuskeln-Bildungs-Workout.
Kurz gesagt: Rebellen versuchen zu verstehen, wie der Boss tickt.
Versetzt euch in seine Schuhe. Mit welchen Herausforderungen hat euer Chef umzugehen? Aggressive Ziele? Zu wenig Ressourcen? Extremer Druck? Selbst einen toxischen Chef? …
Findet heraus, wie euer Chef tickt. Welche Gewohnheiten hat er? Welche Vorlieben und Abneigungen hat er? Was regt ihn auf? Was motiviert ihn vielleicht, so zu handeln, wie er handelt?
Wenn ihr kapiert, wie euer Chef tickt, lernt ihr dazu: Weil ihr so eine besondere Einsicht in die Möglichkeiten erhaltet, wie so ein Mensch drauf sein kann. Ihr erarbeitet euch, weil ihr den Chef als Training seht, eine größere Souveränität. Ihr könnt für euch wirksame Strategien für eine bessere Zusammenarbeit entwickeln – oder euch klarer werden, was ihr eigentlich selbst wollt, wo ihr steht (siehe Taktik 1 …).
Wichtig: Es geht auf keinen Fall darum, das toxische Verhalten zu entschuldigen. Es geht darum, es zu verstehen, um eine bessere Kommunikation zu fördern und möglicherweise positive Veränderungen herbeizuführen. Je besser ihr euren Chef kennt und je mehr ihr euren Willen zur vernünftigen Zusammenarbeit im gesamten Team unter Beweis stellt, desto einfacher wird es, Bedenken zu äußern. Vor allem: Desto größer werden die Chancen, dass eure Anliegen berücksichtigt werden.
Der Weg eines Rebel Mind im Umgang mit toxischen Chefs ist alles andere als ein unterwürfiger Weg: Er ist eigensinnig, weil ihr so dem Chef nicht das Feld überlasst.
Es geht darum, dass ihr eure Schlachten klug wählt, wenn ihr es mit schwierigen Menschen zu tun habt. Und dass ihr durchaus sehr selbstbewusst Grenzen setzt. Bleibt dabei immer professionell, höflich und respektvoll, auch wenn es euer Chef nicht ist. So beweist ihr Standing, Souveränität, und einen Rebel Mind. Haltet euch also an den Gedanken von Dave Willis:
„Zeige auch Menschen Respekt, die ihn sich nicht verdient haben. Nicht als Spiegelbild ihres Charakters, sondern als Spiegelbild deines eigenen.“
Und wenn alles nichts hilft, wissen Rebellen, wann es Zeit ist, zu gehen. Im Interesse der eigenen geistigen und körperlichen Gesundheit und im Interesse der eigenen Freunde und Familie. Und wenn Rebellen gehen, dann mit Würde und Anstand.