Six Senses — eine Lehrstunde in Sachen Fokus

Endlich Urlaub.
Du hast dir ein 5-Sterne-Nobelhotel auf den Malediven gegönnt.

Bei der Ankunft wird dir freundlich eine Stofftasche überreicht.
Darauf steht: „No news. No shoes.“
Und du kapierst: Hier gibt es Entschleunigung pur statt Hightech-Burn-Out.

Deine Schuhe brauchst du tatsächlich erst wieder bei der Abreise, denn du läufst überall auf Sand – auch im Restaurant. Kein kalter Marmorboden, keine blasende Klimaanlage, nur Sand unter den Füßen und Sterne am Himmel.

Entschleunigung. Sand. Keine Schuhe…
Klingt das wie ein Traum?
Oder eher wie ein Alptraum?

Ein Paradebeispiel für Fokussierung

Traum oder Alptraum, Wolke sieben oder Schreckgespenst – was man hier sieht, ist eine brillante Lektion in Sachen Fokussierung.

Aber der Reihe nach: Six Senses betreibt Fünf-Sterne-Hotels an den schönsten Orten der Welt. Doch im Gegensatz zu anderen Fünf-Sterne-Hotels versucht man nicht, die Ausstattung oder den Service zu toppen, sondern macht das Gegenteil: Man lässt gezielt weg und konzentriert sich auf das Wesentliche.

Die Kernfrage lautet: „Was können wir unseren Gästen bieten, was sie zu Hause und im Berufsalltag NICHT haben?”

Die Antwort definieren sie als „intelligenten Barfuß-Luxus“. Entschleunigung pur statt Hightech-Burnout. Deshalb auch die „No news. No shoes“-Tasche.

Nur Glamour und High Heels? Auf Wiedersehen!

So viel Fokus polarisiert natürlich auch und gefällt nicht jedem. COO Alasdair Junor erzählt folgende Geschichte von einem Ehepaar, das sich bei ihm darüber beschwerte.

„Die Gattin trug ein Gucci-Twinset, Perlen und dazu passende High Heels. Sie wollte eigentlich nur die ganze Zeit in ihren hochhackigen Schuhen herumlaufen und verstand unseren Fokus nicht wirklich. Ich musste ihr erklären, dass unser Hotel doch ganz anders ist als das Four Seasons oder das Ritz-Carlton. An ihrer Reaktion merkte ich, dass es wohl weder für sie noch für uns besser werden würde. Also arrangierte ich einen anderen Aufenthalt und Flüge – und bezahlte für sie. Ich bin sicher, sie hatten eine wunderbare Zeit dort.“

Ist das mutig oder was?

Einen so starken Fokus zu haben, sich vor den Kunden zu stellen und zu sagen: „Es tut uns leid, aber wir glauben, dass es mit uns beiden nicht klappt.“

Wenn Six Senses der Meinung ist, dass ein Gast nicht in seine Philosophie passt, nimmt man sich auch das Recht, ihn freundlich, aber bestimmt an die Konkurrenz zu verweisen.

 

Bestimmen, was man nicht macht!

Harvard Strategieprofessor Michael Porter sagt: „Der Kern einer Strategie besteht darin zu bestimmen, was man nicht macht.“

Was für ein Hammersatz!

Und nun überlege mal, wie viele Organisationen genau das Gegenteil tun. Brainstorming über Brainstorming, um herauszufinden, was sie noch alles tun könnten:

  • Wie wäre es mit einer Erweiterung des Produktportfolios?
  • Ein paar zusätzlichen Serviceangeboten?
  • Einer Ausweitung unseres Marktes?
  • Einer Präsenz auf TikTok?
  • Eine Expansion in benachbarte Märkte?

Und jetzt überlege mal, wie wenige Organisationen sich hinsetzen und sich diese Fragen ernsthaft stellen:

  • Was können wir eigentlich weglassen?
  • Was werden wir in Zukunft nicht mehr tun, obwohl wir es in der Vergangenheit getan haben?
  • Was werden wir in Zukunft nicht mehr tun, obwohl unsere Wettbewerber es machen?
  • Was werden wir in Zukunft nicht mehr tun, obwohl es in unserer Branche Standard ist?

Stolz auf das, was man nicht macht!

Was ich in meinen Vorträgen immer wieder betone: „Etwas NICHT zu tun, ist eine ebenso wichtige Entscheidung wie etwas zu tun. Wenn nicht sogar eine noch wichtigere“.

Oder wie Steve Jobs sagte: „Ich bin genauso stolz auf das, was wir nicht tun, wie auf das, was wir tun“.

Kannst du das auch von dir sagen?

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